Der andere Blickwinkel
Persönliche Ansichten unserer Welt- in Gedanken und Bildern.

Was ist eigentlich Gendern?

Was ist überhaupt 'Gendern'? Die Landeszentrale für politische Bildung LpB schreibt: "Gendern bedeutet geschlechtergerechte Sprache" - das ist Unsinn, 'Gendern' ist ein Vorgang; Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache soll das Ziel von Gendern sein. Erreicht sie das Ziel und was ist der Preis?

Wie geht Gendern?

'Gendern' nennt man also den Vorgang, die Sprache zu verändern. Dabei werden Worte im sogenannten Generischen Maskulin (*) - der bisher üblichen Sprache - in der geschriebenen wie in der gesprochenen Sprache, entweder durch paarweise Doppelnennung der männlichen und der weiblichen Form, oder durch um Sonderzeichen erweiterte Varianten des betroffenen Wortes mit abschließendem 'innen', ersetzt. Bei einer weiteren, speziellen Form der Ersetzung, wird der Schluss des betroffenen Wortes ohne Sonderzeichen durch ein 'Innen' mit groß geschriebenem 'I' ersetzt. Für die Bildung dieser neuen Varianten gibt es bisher keine Regeln.
Ein Beispiel soll den Vorgang deutlich machen. So kann das Wort 'Lehrer' - also im Generischen Maskulin - ersetzt werden durch 'Lehrer und Lehrerinnen' - 'Lehrer*innen' - 'Lehrer_innen' - 'Lehrer:innen' - 'LehrerInnen'. Ein Satz wie 'An der Schule werden 25 Lehrer*innen beschäftigt.' ist damit also gegendert. Ist das geschlechtergerechter als das Generische Maskulin?

Wem nutzt Gendern?

Bei einer dermaßen einschneidenden Maßnahme wie der Änderung der Sprache durch Gendern, ist es erforderlich den Sinn der Maßnahme genau zu prüfen. Darum skizziere ich zunächst das Standardvorgehen um Maßnahmen zu beurteilt, die einen großen Teil der Bevölkerung betreffen. Ein ähnliches Vorgehen wendet u.a. das Verfassungsgericht an, wenn es über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes entscheidet. Dazu werden folgende Fragen geprüft:

  1. Was ist das Ziel der Maßnahme? [Ziel]
  2. Erreicht sie das Ziel? [Wirksamkeit]
  3. Welche Nachteile sind damit verbunden? [Kosten]
  4. Können die Ziele auch anders und evtl. mit weniger Aufwand erreicht werden? [Alternativen]
  5. Stehen Aufwand und Ziele in einem angemessenen Verhältnis? [Verhältnismäßigkeit]

Diese Punkte sollen im Folgenden bezüglich des Genderns untersucht werden.

  1. Was ist das Ziel des Genderns?
    Am Anfang steht die Behauptung, dass Frauen durch das generische Maskulin  (*) in der Bezeichnung von Gruppen wie 'Schüler' oder 'Lehrer', unsichtbar gemacht würden; das Ziel des Genderns ist dementsprechend, Frauen - und später auch andere Gender - 'sichtbarer' zu machen. Dazu sollen paarige Schreibweisen von Gruppen-Bezeichnungen (Schüler und Schülerinnen) dienen oder Schreibweisen mit den Binnen-Sonderzeichen '*:_/I'.
  2. Erreicht Gendern das Ziel?
    Es wird behauptet, das generische Maskulin würde Frauen unsichtbar machen - stimmt das überhaupt?
    Das ist nicht der Fall, die Kausalität ist umgekehrt: Die Vorstellungen von Gruppen und Berufen - darum geht es primär - werden nicht durch die Sprache geprägt, sondern die Realität erzeugt in den Köpfen die Bilder und Vorstellungen, die die Sprache dann hervorruft. Die Sprache - die Abbildung von Symbolen auf Bedeutungen und die Realität - wird also durch die Realität geprägt, nicht umgekehrt: bei 'Bauarbeitern' wird an Männer gedacht, weil es Männer sind; wer von 'Bauarbeiterinnen' spricht verdeutlicht nur den Widerspruch zur Wirklichkeit.
    Es werden also durch das Gendern Frauen hervorgehoben, wo sie in der Realität kaum vorhanden sind; die Sprache, die zunächst einfach die Realität abbildet, soll nun so modifiziert werden, dass sie gezielt falsche Vorstellungen über die Realität hervorruft - das mag legitim sein. Aber wo die Frauen in der Realität schon im Vordergrund stehen, wird das in der Sprache auch ohne zu Gendern schon deutlich. Und wenn die Realität sich wandelt, folgen die Bilder der Sprache, ohne explizites Zutun, ganz automatisch - allerdings erfolgt die Veränderung der Sprache träge, die Anpassung der Bilder im Kopf dauert einige Zeit. Aber das generische Maskulin macht Frauen nicht unsichtbar, es hebt sie nur nicht hervor, wo sie kaum vorhanden sind.
  3. Andere Gender, die weder weiblich noch männlich sind, werden durch keine Form des Genderns hervorgehoben: paarige Schreibweisen schließen weitere Gender explizit aus, während sie in den herkömmlichen Ausdrücken implizit immer enthalten waren (Schüler waren niemals nur männlich), und Binnen-'*:_/I' gehören nicht zur Sprache und bedeuten zunächst überhaupt nichts!
    Für diese Sonderzeichen müssen erst neue Regeln geschaffen und Vereinbarungen getroffen werden, Vereinbarungen, die es für das generische Maskulinum schon gibt: 'Schüler' hat schon immer alle gemeint, 'Schüler*Innen' gibt es nicht und bedeutet zunächst nichts! Erst eine neue Vereinbarung macht '*:_/I' zu Symbolen für andere Gender außer Männlich oder Weiblich. Welches dieser Zeichen es sein soll, bleibt der Willkür überlassen. Diese neue Regel soll die alte Regel ersetzen, die es seit langer Zeit gibt und die von jedem verstanden wird. Diese alte Regel nicht zu verstehen ist ein Akt des 'nicht verstehen wollens', sie durch eine neue zu ersetzen nicht erforderlich.
  4. Nach feministischen Studien gibt es bei geschlechtsneutralen, nicht geschlechts-typischen Bezeichnungen - wie z.B. Künstler - gar keinen Effekt des Genderns, weil die nicht-gegenderten Begriffe gar keinen geschlechtlichen Bias aufweisen. Bei weiblich konnotierten Begriffen ist ein kleiner Effekt des Genderns zu beobachten, bei männlich konnotierten ein stärkerer. Bei Begriffen wie z.B. Japaner, Teenager, Demonstranten oder Kollegen aber, gibt es nichts, das durch Gendern sichtbar gemacht werden könnte oder müsste. Gendern zeigt also nur bei typisch männlich konnotierten Begriffen wie Astronaut eine nennenswerte Wirkung, obwohl es sich hier beispielsweise um gar kein wirkliches generisches Maskulinum handelt! Gendern erreicht sein Ziel, Sprache geschlechtergerechter zu machen, also nur bedingt, in ausgewählten Fällen.
  5. Hat Gendern Nachteile?
    In der aktuellen Sprach-Realität werden Begriffe gegendert, die kein wirkliches generisches Maskulinum besitzen und geschlechtsneutral sind; in diesen Fällen ist Gendern also sinnlos. Dass solche Begriffe - z.B. Teenager*Innen! - gegendert werden, muss also einen anderen Grund haben: Sprache ist ein bewährtes Mittel, um Identität zu stiften - beim Gendern geht es primär darum, die Gruppe der Guten, Modernen und Fortschrittlichen zu formen, und abzugrenzen gegen die Alten und Schlechten, genauer gegen Sexisten und oftmals Faschisten und Nazis.
    Durch das Gendern wird bewusst ein Keil in die Bevölkerung getrieben, wobei die Sieger-Gruppe, die In-Group, ihre Macht demonstriert. Würde Gendern auf die bestimmten Fälle typisch männlich konnotierter Bergriffe beschränkt, wäre zumindest glaubhaft, dass der behauptete Effekt der Gerechtigkeit im Vordergrund steht - womit allerdings noch nicht entschieden wäre, ob eine Fälschung der Realität, den Nutzen des Aufbrechens realistischer Vorstellungen zu Gunsten gewollter, neuer Realitäten rechtfertigen könnte - Lügen kann ja mal richtig sein.
    Zusammenfassend kann man feststellen, dass in einigen Fällen eine positive Wirkung des Genderns zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass Gendern aber in den meisten Fällen schädlich, und hinsichtlich der Zielerreichung höherer Gerechtigkeit sinnlos und eher schädlich für die Gesellschaft ist.
  6. Gibt es Alternativen zum Gendern?
    Wenn das Ziel ist, Frauen und andere Gender in höherem Maße in sämtliche berufliche Positionen zu bringen als das bisher der Fall ist, dann erschiene es zielführend, z.B. Frauen in diesen Positionen in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Dazu könnten Frauen und Andere in Filmen, Interviews, auf Plakaten und in der öden Wirklichkeit bei ihrer Arbeit bei der Müllabfuhr, beim Gerüstbau, auf Bohrinseln oder auch in der Führung von Abteilungen oder Unternehmen gezeigt werden. Wenn sich in der Folge tatsächlich beispielsweise die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft in der Bauindustrie ändert, dann wird sich auch das Bild der Frau im Arbeitsleben automatisch genau so verändern, wie das z.B. bei Medizinstudenten in der Vergangenheit der Fall war: wer heute von seinem Arzt spricht, wird oft an die Ärztin denken, die seine Zähne erhält oder sein Leben gerettet hat. Der Wandel mag etwas dauern, aber er kommt ganz von selbst, ohne Gewaltanwendung.
  7. Kosten-Nutzen
    Der Aufwand, eine neue Sprache mit sprachfremden Elementen wie '*' zu versehen und gegen den Willen der Bevölkerung zu etablieren ist erheblich, die Widerstände riesig, die gesellschaftlichen Folgen der Spaltung schlimm. Das behauptete Ziel einer größeren Gerechtigkeit ist in den meisten Fällen offensichtlich nicht gegeben, die Absicht einer Machtdemonstration durchsichtig und kaum zu verbergen, die Bevölkerung soll in Gute und Böse gespalten werden. Der Schaden dieser Form des Genderns ist erheblich, der Nutzen gering. In ganz bestimmten Situation könnte Gendern einen kleinen Nutzen haben, aber alternative Maßnahmen dürften auch da erfolgreicher zu sein, ohne Machtdemonstration und Spaltungsversuche.

Niemand wird zum Gendern gezwungen ...

Und dann gibt es tatsächlich Leute die meinen - und das auch öffentlich verkünden - zum Gendern würde ja niemand gezwungen. Wie blind muss man sein, um das wirklich zu Glauben? Für alle die, die noch nicht ganz überzeugt sind, gibt es hier eine erschreckende Erklärung.


Resümé

  • Gendern kann in unterschiedlichen Kontexten ganz unterschiedliche Wirkungen erzielen.
  • In bestimmten Situationen kann Gendern die Wahrnehmung von Frauen in der Gesellschaft verstärken.
  • Damit ist allerdings nichts darüber ausgesagt ist, ob das wünschenswert oder legitim ist: Ist das Ziel von Sprache, die Wirklichkeit abzubilden oder die Realitäten zu verändern? Gendern kann die Stellung der Frauen in der Gesellschaft auch überbetonen.
  • Weitere Geschlechter werden durch das Gendern entweder explizit unsichtbar gemacht (Bürger und Bürgerinnen) oder hinter Sonderzeichen wie '*' versteckt, ohne dadurch tatsächlich in der Bevölkerung sichtbarer zu werden.
  • Die Ablehnung, die eine Konstruktion mit Sonderzeichen mehrheitlich hervorruft, ist stärker als die verstärkte Sichtbarkeit, die nur von dem kleinen Personenkreis wahrgenommen wird, der betroffen ist oder freiwillig und aus eigener Überzeugung Gendert.
  • Der Gewinn, den betroffene wie z.B. Trans-Menschen selbst empfinden, ist kein realer sondern ein konstruierter Gewinn: nur diese betroffenen fühlen sich sichtbarer, sie sind es aber nicht wirklich.
  • Für Sonderzeichen ist aktiv eine neue Vereinbarung gegen jede Intuition zu treffen. Statt dessen könnte die bestehende Vereinbarung, dass das sogenannte Generische Maskulin sämtliche Geschlechter meint, aktiv verbreitet und bekannt gemacht werden, statt dem Sprachgefühl zu überlassen, ob es auch umfassend gemeint ist.
  • In den meisten Fällen, nämlich bei Bergriffen, die nicht typisch männlich konnotiert sind wie z.B. 'Teenager',  'Patienten', 'Bürger', 'Besucher' und bei vielen anderen mehr, hat Gendern nicht die Absicht, Frauen oder Andere sichtbarer zu machen, denn sie sind gar nicht unsichtbar. In diesen Fällen geht es Ausschließlich um einen antidemokratischen Machtkampf einer Minderheit selbsternannter Eliten gegen die als konservativ empfundene Mehrheit.
  • Die Empfehlung kann also nur nur sein, die beabsichtigte Funktionsweise des Generischen Maskulinums offensiv zu erklären, zu lehren und zu verbreiten. Das Gendern mit Sonderzeichen sollte vermieden werden.

Anhang

Was ist ein Bias?
Als Bias bezeichnet man ein Vorurteil oder ein unangemessene Gewichtung zu Gunsten oder Ungunsten einer Meinung.

Was ist das Geschlecht?


Was ist ein generischen Maskulin?
Laut Duden '... spielt der Ausdruck „generisches Maskulinum“ eine große Rolle. Gemeint ist damit die geschlechtsübergreifende Verwendung eines maskulinen Wortes wie der Arzt bzw. die Ärzte für alle Menschen mit diesem Beruf ...' Das ist eine Joker-Definition, die letztlich auf jedes Wort zutrifft, wenn man ein weibliches dazu-erfindet.

Irreführende Abbildungen
Sprache ist eine Vereinbarung über die Bedeutung sprachlicher Symbole. Diese Vereinbarungen können auf unterschiedliche Weise ungeschickt sein. Der größte Fehler ist mit Sicherheit, eine bestehende Abbildung eines Symbols auf eine Bedeutung zu ändern, also ein Symbol beizubehalten, aber die Bedeutung, auf die es abgebildet wird, zu ändern. Damit geht die Eindeutigkeit der Sprache verloren und Missverständnisse werden erzeugt. Diese Methode wird darum gerne von Sprachfälschern zur Manipulation benutzt, um Missverständnisse zu provozieren. Ganz nah bei der Änderung einer bestehenden Abbildung ist die Erweiterung einer bestehenden Abbildung. Hierfür gibt es die Bezeichnung 'Concept Creep'.

Sprache verändert sich
Sprache verändert sich. Diese Veränderungen erfolgen z.B. durch die Veränderung der Realität, die abgebildet wird: sind Studenten immer jung und männlich, denkt man bei 'Student' an junge Männer. Ändert sich die Realität und Studenten sind sowohl männlich als auch weiblich, denkt man bei 'Student' an beide Geschlechter. In diesem Fall ist das Symbol das alte geblieben, aber die Abbildung hat sich geändert.

Die Bedeutung des Kontextes
Ein gutes Beispiel für den Missbrauch des Kontext bei Sprache wurde im TV demonstriert: Eine Feministin argumentierte, der Begriff 'Bürger' müsse zu 'Bürger und Bürgerinnen' gegendert werden, da die Bedeutung von 'Bürger' sonst nicht eindeutig sei, denn im griechischen Altertum wären Frauen keine Bürger gewesen, nur ausgewählte Männer! Womit sich die Genderin eigentlich schon selbst widerlegt hat: im griechischen Altertum war das so, da war der Kontext das griechische Altertum und wer heute davon redet, wird das auch deutlich machen. Eine Aufforderung wie 'Bürger, wehrt euch' nicht zu beachten, weil Frau gedacht hat, im grichischen Altertum wäre sie nicht gemeint gewesen, ist Unfug. Sprache funktioniert fast immer nur mit dem aktuellen Kontext; den wegzulassen, damit Missverständlichkeit entsteht, ist böser Vorsatz.