Der andere Blickwinkel
Persönliche Ansichten unserer Welt- in Gedanken und Bildern.

Wie ich MeToo erlebte

Es gibt Männer in Machtpositionen, die ihre Macht missbrauchen.
Natürlich gibt es auch Frauen in Machtpositionen, die diese missbrauchen.
Oops, und schon habe ich das wieder vergessen ...

Männer sind Schweine
Als ich das erste mal von meToo hörte ging es, so ich mich erinnere, um einen Harvey Weinstein, der Schauspielerinnen Rollen gab, wenn sie mit ihm vögelten. Das war eine Sauerei, auch den anderen Frauen gegenüber, die sich nicht von ihm vögeln lassen wollten, und somit eigentlich auch ein Verrat an den Interessen der Firma, für die er arbeitete; allerdings war es seine eigene Firma. Aber der wirklich erste Gedanke der mir damals kam war: das funktioniert doch in beiden Richtungen - was ist eigentlich mit den Schauspielerinnen, die ihren Rock hoben, Weinstein ihr Höschen zeigten und ihm  versprachen, da könne er ran, wenn er eine Rolle für sie hätte? Keine Frage, dass es die gab und gibt. Aber Frauen dürfen das, nur darf über ihre Macht nicht gesprochen werden. Zumindest dachte daran niemand. Ein trauriges Spiegelbild dieser Verlogenheit ist übrigens das Schwedische Sexualstrafrecht nach dem Frauen sich ungestraft prostituieren dürfen, Männer aber bestraft werden, wenn sie diese Dienste in Anspruch nehmen.

Dann hörte ich, dass es bei Weinstein und MeToo nicht um Kleinigkeiten sondern um Vergewaltigungen ging, und das war etwas ganz anders, da dachte ich an Frauen, die sich mit Händen und Füßen wehren aber der Gewalt des brutalen Mannes unterliegen. OK, das war was anderes und MeToo ja vielleicht doch ein ernstzunehmende Bewegung - bis Iris Berben auch "MeToo" rief und ich entsetzt war: Dieter Wedel ein Vergewaltiger? Aber nein, er hatte Berben möglicherweise eine Szene 20 mal drehen lassen aus Ärger darüber, dass sie eine Einladung zum Essen abgelehnt hatte. Da habe ich - männlich - von meinem Chef schlimmeres erdulden müssen. Was machte Berben also unter lauter Vergewaltigungsopfern, fragte ich mich? Marginalisierten Feministinnen das Leid einzelner um Masse zu machen? Wie musste eine vergewaltigte Frau sich fühlen, die Iris Berben 'MeToo' rufen hörte? Und was meinte ein Bekannter zu mir? Dass es sich bei Berben und so, doch nur um Einzelfälle von Trittbrettfahrerinnen handele - also das gängige Muster, nachdem etwas, das nicht ins Bild passt Einzelfall, und die Masse der Frauen Opfer sein muss.

Erinnerungen und Rechtsstaatlichkeit
Ich hörte, dass Kevin Spacey aus Filmen geschnitten worden war und seinen Job verloren hatte, wenige Tage nach Bekanntwerden von Vorwürfen, er hätte vor 30 Jahren auf einer Party im angetrunkenen Zustand einen anderen jungen Mann, der wohl unter 18 Jahren alt gewesen war, sexuell belästigt. Vor 30 Jahren eventuell sexuell belästigt und heute ohne Gerichtsurteil der Job weg! Das hat mich umgehauen - in was für einer Welt leben wir? Es gab dann noch weitere Meldungen, Spacey wäre Männern zu nahe gekommen. Mittlerweile hat es den 1. Prozess gegeben und Spacey wurde frei gesprochen, denn ihm war - wie zu erwarten war - nichts strafbares nachzuweisen.

Als dann Brett Kavanaugh Supreme-Court-Kandidat der Republikaner wurde, erinnerte sich eine Frau Christine Ford plötzlich daran, vor 37 Jahren von Brett, damals Schüler der 11. Klasse, in volltrunkenem Zustand sexuell bedrängt worden zu sein - schon 6 Jahre zuvor soll sie einem Therapeuten davon berichtet haben. Christine Ford konnte sich an das Jahr der behaupteten Tat nicht mehr erinnern, korrigierte sich mehrfach und gab verschiedene Jahreszahlen an. Plausibilitätsüberlegungen legen nah, dass sie damals 15 Jahre und Brett 17 Jahre alt gewesen sein muss. An das genaue Datum konnte sie sich natürlich nicht erinnern, und auch nicht daran, welche weiteren Personen bei dieser 6-Personen zählenden Party gewesen sein sollen. Auch soll es einen zweiten Täter gegeben haben, aber wer das war, wusste sie auch nicht mehr. Eigentlich konnte Frau Ford sich an gar nichts erinnern.

Als ich von der Anklage gegen Kavanaugh hörte erinnert ich mich, dass - wissenschaftlich erwiesen - Erinnerungen sich mit der Zeit gravierend verändern können und zwar schon recht schnell innerhalb weniger Jahre; alte Erinnerungen sind sehr unzuverlässig und Ford wusste eigentlich nichts mehr von der Party - welchen Wert hat da eine nach 30 Jahren behauptete Belästigung, welchen Wert kann sie überhaupt in einem Rechtsstaat haben? Und wenn alles so gewesen wäre, wie Frau Ford behauptete: hätte das nach mehr als 30 Jahren irgendeine Bedeutung, dürfte es irgendeine Bedeutung haben?

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