Gibt es einen Sexual-Trieb?
Gibt es einen Sexualtrieb? Natürlich, werden die meisten sagen, man spürt und sieht seine Wirkung überall. Aber Feministinnen bestanden darauf, dass es keinen Sexualtrieb gebe. Wer hat recht?
Beginnen wir mit einem Gedankenexperiment: Angenommen, Menschen nennen Kometen Schweifsterne und haben Angst vor der Kollision der Erde mit einem Schweifstern. Und jetzt kommt der kluge Astronom und sagt: Regt euch nicht auf, ihr irrt euch, Kometen sind überhaupt keine Sterne. Hat er recht? In wie weit irren die Menschen? Sind ihre Sorgen jetzt unbegründet? Ändert die Sprache die Realität? Der Astronom hat zwar recht bzgl. der Definition des Wortes 'Stern' aber er hat unrecht bezgl. der Konsequenzen: die vom Kometen ausgehende Gefahr ist real und steht in keinem Zusammenhang zur Bedeutung des Begriffs 'Stern' - der Astronom hat also zugleich recht und er sagt die Unwahrheit. Daraus kann man einen Trick zur Manipulation mit Sprache machen.
Wenn einer Frau nach einer Vergewaltigung der Vorwurf gemacht wurde, sie trage wegen ihres sexy Aussehens eine Mitschuld, weil dadurch der männliche Sexualtrieb gereizt worden wäre, dann hing Alice Schwarzer - und mit ihr alle Feministinnen - unter der Decke und schrie, es gäbe gar keinen Sexualtrieb.
Als Antwort auf die Frage, ob es einen Sexual-Trieb gibt, hat der Feminismus darum - ähnlich wie der fiktive Astronom im Beispiel oben - die interessante Lüge konstruiert, dass es keinen Sexualtrieb gebe. Damit glaubte z.B. Alice Schwarzer, irgendwie über die Männer gesiegt zu haben - strange.
Was ist ein Trieb?
Schaut man sich die Definition eines Triebs in Konversationslexika um 1900 an, findet man dass Triebe als angeborene, im Menschen wirkende Kräfte verstanden werden. (Bei Meyer werden hier physiologische Gründe genannt, bei Herder und Brockhaus nicht). Unterschieden werden z.B. geschlechts-, elterliche und soziale Triebe, wie auch intellektuelle und moralische Triebe, im Einzelnen z.B. Schlafbedürfnis, Nahrungstrieb, Bewegungstrieb, Fortpflanzungstrieb, Spieltrieb, Destruktionstrieb, Geselligkeitstrieb bis hin zum Selbsterhaltungstrieb. In diesem Sinn ist eine angeborene Reaktion auf einen bestimmten Reiz ein Trieb, wenn sie ohne Beteiligung des Willens geschieht. Zitat: "Der T. gibt dem Begehrungsleben eine bestimmte Gestalt, indem alles dasjenige, was durch ihn unterstützt wird, infolge der unaufhörlichen Reize leichter und öfter als andres Begehren zur Befriedigung gelangt und daher von selbst zur Disposition, Neigung, Hang, Sucht und Leidenschaft sich steigert ..." Als Triebe werden hier unausweichliche (körperliche) Reaktionen bezeichnet.
In Meyers Konversationslexikon um 1900 war ein Trieb eine "Tendenz" und konnte im Bewusstsein ein "seines Zieles bewußten Begehrens annehmen, aus dem sich dann weiterhin die eigentlichen Willenshandlungen entwickeln." Auch hier ist nicht von einer Zwangshandlung die Rede.
Sexualtrieb meinte also nicht, dass ein Mensch fremdgesteuert, ohne Möglichkeit willentlicher Einflussnahme, durch einen sexuellen Reiz ausgelöst über einen potentiellen Sexualpartner her fällt! Zum Sexualtrieb würde dagegen beispielsweise eine gesteigerte Durchblutung der Genitalien, geweitete Pupillen, beim Mann eine Absenkung der Stimmfrequenz, ein bestimmter Blick oder auch ein gewinnendes Lächeln zählen - alles mögliche, unwillentliche Reaktionen auf einen sexuellen Reiz - und damit ein Trieb. Um 1900 war ein (Sexual-)Trieb also nicht als Entschuldigung für sexuelle Übergriffe tauglich, aber er lieferte eine Erklärung für den Antrieb und er war angeboren.
Warum es keinen Sexualtrieb geben darf
Alice Schwarzer hat in ihrem Buch 'Der kleine Unterschied' triumphierend verkündet, es gäbe gar keinen Sexualtrieb. Und Unterstützung erhält sie bis heute von willfährigen Biologen die wie Florian Friedrich erklären: "Ein Trieb hat die Funktion, in einem Organismus einen gesunden Zustand zu bewahren (die Homöostase)" und "Zudem ist noch kein Mensch an Sexmangel gestorben" sowie "Menschen sind somit in der Sexualität nicht triebgesteuert." Hier wird einfach der Begriff 'Trieb' so neu definiert, dass er nicht mehr zum Sexualtrieb passt - und schon verkünden sogenannte Wissenschaftler, es gäbe keinen Sexualtrieb mehr. Das ist Sprachfälschung, Wissenschafts-Betrug.
Interessant ist die Frage, was damit erreicht werden soll. A. Schwarzer hatte die Vorstellung, die Existenz eines Sexualtriebes würde bedeuten, dass Männer wie Zombies, widerstandslos ferngesteuert hinter jedem kurzen Rock herlaufen müssen, die Frau vergewaltigen und sich dann damit raus reden, sie hätten nicht anders gekonnt, sie seien eben Trieb-gesteuert - was für eine primitive Schwarz-Weiß Denkweise. Dieses primitive Denken führt bei ihr dann zu solchen Äußerungen wie "ein „Liebes- oder Sexualtrieb“ existiert schon gar nicht.". Diese Vorstellung vom Sexual-Trieb schob sie Sigmund Freud in die Schuhe: Freud hatte ein sehr strenges Trieb-Konzept entwickelt, in dem der Mensch extrem Triebgesteuert handelt; aber nicht einmal bei Freud wurden Menschen zu Zombies.
Heute, sagt Joseph Lichtenberg (1989), gibt es "insgesamt fünf Motivationssysteme. Jedes dieser Systeme hat den Zweck, ein Grundbedürfnis zu regulieren oder zu befriedigen. Diese fünf Grundbedürfnisse sind: 1) das Bedürfnis nach psychischer Regulation physiologischer Erfordernisse; 2) das Bedürfnis nach Bindung und Kontakt; 3) das Bedürfnis nach Erkundung und Selbstbehauptung; 4) das Bedürfnis, via antagonistischem Verhalten oder Rückzug aversiv zu reagieren; 5) das Bedürfnis nach sinnlicher Freude und Genuß sowie nach sexueller Erregung. Damit ist nach Lichtenberg die klassische duale Triebtheorie eindeutig ad acta gelegt und die Bedeutung der Sexualität drastisch eingeschränkt."
Aber das bedeutet ja nicht, dass es keinen Sexualtrieb gibt. Und um die - wissenschaftliche - duale Triebtheorie geht es auch gar nicht. Der entscheidende Punkt ist die Frage, was 'Trieb' resp. 'Sexualtrieb' für eine Bedeutung haben soll. Bei A. Schwarzer und den feministischen pseudo-Wissenschaftlern geht es darum, dass es keine (biologische) Entschuldigung für vergewaltigende Männer geben darf - und schon recht keine Mitschuld bei Frauen. Ein Sexualtrieb der als Entschuldigung dienen kann, darf also nicht existieren, weil er das feministische Konzept der Männer als Täter und der Frauen als Opfer schwächen würde. Gibt es keinen - solchen - Sexualtrieb, können sich die Männer - nach Schwarzer - nicht mehr mit irgendeinem Zwang zur Tat herausreden. Dafür musste nur das wissenschaftliche Ideal geopfert werden, nach dem Wissenschaft vorurteilsfrei die Funktion der Welt erklären will: Der Begriff Sexualtrieb bzw. Die Wissenschaft wird instrumentalisiert für den Versuch, eine natürliche Erklärung für ein kulturell ungewolltes männliches Verhalten leugnen zu können.
Es gibt ihn doch
Das sexuelle Interesse von Männern am weiblichen Geschlecht - und umgekehrt - ist nicht erlernt sondern notwendigerweise angeboren; die Folgen reichen von physiologischen, nicht steuerbaren Reaktion wie Durchblutung von Penis und Gesicht, Haltung (sich größer machen), Stimme (wird tiefer) bis zu unterschiedlichen Formen der Kontaktaufnahme, die durchaus auch kulturelle Komponenten enthalten. Dass Männer dabei auch auf die Fläche der sichtbaren, nackten, weiblichen Haut (tiefer Ausschnitt und kurzer Rock zeigen auch mehr Haut) reagieren ist bewiesen, dass sie auf bestimmte Signale reagieren, die auch kulturell gesetzt sein können, ist eine Tatsache.
Pädophile können unter ihrem Trieb leiden - ihr Trieb ist ein unausweichlicher Zwang etwas zu tun, was sie eigentlich nicht wollen. Menschen befriedigen sich selbst, obwohl der gesellschaftliche Zwang genau das schon in früher Kindheit zu unterdrücken versucht. Menschen gieren nach Pornographie, Männer mehr als Frauen. Wie anders als durch einen angeboren Antrieb ließe sich das erklären? Allein das ist schon Beweis, dass es diesen Sexualtrieb gibt. Außer, man ändert die Definition des Begriffes 'Trieb'.
Das, was Pädophile leiden und Männer hinter Frauen her schauen lässt, das ist Trieb. Hat das mit Homöostase zu tun? Nein. Macht das was? Nein. Trieb wird neuerdings einfach falsch definiert, damit es nicht mehr das heißt, was man allgemein darunter versteht.
Der Nahrungstrieb ist ein anerkannter Trieb, der bei manchen Menschen aus dem Ruder laufen kann - eine Krankheit, eine Sucht, gegen die manche sich nicht wehren können. Auch der Spieltrieb kann aus dem Ruder laufen und Menschen schädigen. Und auch ein aus dem Ruder bzw. der Kontrolle laufender Sexualtrieb kann krankhaft sein. Wie bei allem Menschlichen gibt es auch bei der Stärke eines Triebs eine Verteilung von 'ganz schwach' ausgeprägt über 'normal' bis zu 'extrem stark' und damit verbunden unterschiedlich gute Anpassung an die gesellschaftlichen, kulturellen Erwartungen. In Extremfällen kommt es zu Suchtverhalten, das durch Trigger ausgelöst werden kann; beim Sexualtrieb ist das vergleichbar.
Im Artikel 'Triebtheorie' auf Wikipedia finden sich im Abschnitt 'Kritik aus Sicht der Traumaforschung' entlarvende und erschreckende Formulierungen wie "dass die Triebtheorie der Psychoanalyse einerseits den Opfern sexuellen Missbrauchs in keiner Weise gerecht werde" oder dass für Täter kein "besonders starker Sexualtrieb als Rechtfertigung akzeptiert wird." Das ist eine für wissenschaftliche Arbeit nicht hinzunehmende Verdrehung der Argumentation: Ziel ist nicht mehr die Erklärung von Vorgängen sondern die Rechtfertigung von Schuldzuweisungen! Das hat nichts mit Wissenschaft zu tun! Später heißt es, der Täter würde als Opfer entschuldigt - nur dass es wissenschaftlich gar keine Schuld gibt.
Wenn man aber einmal Google konsultiert, ist es überhaupt kein wissenschaftlicher Konsens, dass es keinen Sexualtrieb gibt ist; das wird einfach nur von feministischer Seite behauptet.
Resümee:
Früher, so um 1900 herum, wurde als Trieb bezeichnet, was heute zum Teil als Motivationssystem bezeichnet wird; aber auch damals war ein Trieb kein Zwangssystem für Verhalten. Es gab einen Sexualtrieb, der einerseits als Antrieb zu verstehen war, andererseits aber auch automatische physiologische Reaktionen umfasste. Weil gestörte Feministen versuchten, darin eine Entschuldigung für strafbares Verhalten zu sehen, was es nicht war, wollten sie erreichen, dass es gar keinen Sexualtrieb gibt. Der Trick gehorsamer, sogenannter Wissenschaftler war also, die Definition eines Triebes so zu ändern, dass die Feministen recht hatten. Inhaltlich ändert das aber gar nichts, denn der Sexualtrieb war schon immer Ursache sexueller, körperlicher Reaktionen sowie Motivationssystem; und er führt bei manchen Menschen zu Handlunge, die kulturell nicht zulässig sind.
Die Realität ist schlicht, dass es individuell verschieden starke Kräfte gibt, die in jedem Menschen in unterschiedliche Richtungen wirken; es gibt Kraft und Gegenkraft und Schwellwerte, bei deren Überschreiten Aktivitäten erfolgen. Bei den meisten Menschen gibt dabei die Natur die Richtung vor - hier sind die Triebe angesiedelt - aber in der Durchführung siegt die Kultur; nur manchmal siegt im Ringen der Natur mit der Kultur die Natur. Das ist überall so, auch im Sexuellen.
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Triebtheorie
Meyers Großes Konversationslexikon
Wörterbuchnetz - Meyers Großes Konversationslexikon (6. Auflage, 1905–1909) zu 'Trieb'
https://woerterbuchnetz.de/?sigle=Meyers&lemid=T04882
"... Im psychologischen Sinne die Tendenz gewisser Gefühlszustände, sich unmittelbar in zweckmäßige, d. h. solche Bewegungen umzusetzen, die geeignet sind, ein vorhandenes Unlustgefühl zu beseitigen, bez. ein Lustgefühl zu erzeugen. Letzterer Umstand unterscheidet die Triebäußerungen von den (unwillkürlichen) Bewegungen, die alle Gemütszustände, insonderheit die Affekte (Schreck, Zorn etc.), begleiten, und erweckt bei äußerlicher Betrachtung leicht den Schein, als ob sie aus vorausblickender Absicht hervorgingen. In Wahrheit fehlt jedoch bei dem T. in seiner ursprünglichsten Form jede Vorstellung nicht nur des zu erreichenden Zweckes, sondern auch der auszuführenden Bewegung, was unzweideutig durch die Existenz angeborner, vor jeder entsprechenden Erfahrung sich regender Triebe (Nahrungs- und Geschlechtstrieb) bewiesen wird. Unterscheidet sich hierdurch der T. von der Willenstätigkeit im engern Sinne, so darf er anderseits auch nicht mit dem rein physiologischen Reflex verwechselt werden, bei dem durch einen Sinnesreiz vermöge bestimmter, im Zentralnervensystem gegebener Verbindungen sensorischer und motorischer Fasern ganz mechanisch, und ohne daß dieser Vorgang irgendwie zum Bewußtsein kommt, eine Bewegung ausgelöst wird; vielmehr nimmt der T. zwischen beiden eine mittlere Stellung ein. Den Reflexen am nächsten stehen die jedem Wesen angebornen sinnlichen Triebe, zu denen unter andern die Instinkte (s. d.) der Tiere gehören, denn hier muß, ist erstmaliges, unabhängig von jeder Erfahrung erfolgendes Hervortreten (z. B. die ersten Schwimmversuche junger, von Hühnern ausgebrüteter Enten) zu erklären, zweifellos eine organische Anlage angenommen werden, die mit bestimmten Sinnesreizen (dem Anblick des Wassers) die Ausführung bestimmt er Bewegungen verknüpft; obwohl das bisweilen selbst bei den tierischen Instinkten zu beobachtende Irregehen der Triebe beweist, daß diese Verknüpfung nicht so fest ist wie bei den eigentlichen Reflexen. Nach wiederholter Befriedigung eines Triebes kann aber schließlich (z. B. beim menschlichen Geschlechtstriebe) die Vorstellung der Gegenstände oder Handlungen, durch die er befriedigt wird, gleichzeitig mit ihm selbst ins Bewußtsein treten und er kann so die Form eines seines Zieles bewußten Begehrens annehmen, aus dem sich dann weiterhin die eigentlichen Willenshandlungen entwickeln. Hierauf beruht es, daß sich die meisten Triebhandlungen (selbst die Instinkthandlungen) durch Übung vervollkommnen, indem die Intelligenz mehr und mehr Einfluß auf sie gewinnt. Dies ist besonders beim Menschen der Fall; die geringe Zahl und geringe Bestimmtheit der ererbten Dispositionen, die dieser mit zur Welt bringt, macht es, daß er bei der Geburt das ungeschickteste und zugleich das entwickelungsfähigste Geschöpf ist. Man teilt die sinnlichen Triebe in der Regel in die Hauptformen der Selbsterhaltungs- und Gattungstriebe, erstere wieder in einen Nahrungs-, Schutz- etc., letztere in Geschlechts-, elterliche und soziale Triebe ein. Auf der höhern Stufe des menschlichen Seelenlebens kommen hierzu noch die (an die höhern Gefühle gebundenen) intellektuellen und moralischen Triebe. Vgl. G. H. Schneider, Der tierische Wille (Leipz. 1880)."
Brockhaus Konversationslexikon
retro|bib - Seite aus Brockhaus Konversationslexikon: Tridi - Triebel
F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896
15. Band, S. 985
https://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=135738
... "Trieb, im allgemeinen jede beharrlich wirkende Kraft, die eine bestimmte Reihe von Bewegungen hervorbringt; auch soviel wie Getriebe (s. d.). Im engern Sinne werden die in den lebendigen Wesen auf zweckmäßige Art von innen heraus wirkenden organischen Kräfte T. genannt. Als animalische T. bezeichnet man die Richtungen des tierischen Begehrens (und Widerstrebens), die angeboren sind, sich unwillkürlich äußern und auf bestimmte Lebensäußerungen hintreiben, z. B. Nachahmungstrieb, Geschlechtstrieb. (S. Instinkt.) Psychologisch betrachtet ist der T. ein zusammengesetzter Vorgang, an dem sich hauptsächlich Wille und Gefühl beteiligen. Die Triebhandlungen bezeichnet man daher auch zum Unterschied von den durch Wahl bestimmten Willkürhandlungen als einfache oder eindeutig bestimmte Willenshandlungen. Durch fortdauernde Übung werden in der Entwicklung der Gattung wie des Einzelnen viele ursprünglich willkürliche Handlungen zu Triebhandlungen. Gemäß der Unterscheidung höherer und niederer Funktionen redet man auch von höhern und niedern T. Unter den niedern versteht man hierbei die sinnlichen, auf körperliche Lust gerichteten oder zur Abwehr körperlicher Unlust dienenden T.; die höhern T. umfassen die ästhetischen, moralischen, logischen Bedürfnisse, sofern diese sich ohne Überlegung oder Wahl in triebartiger Ursprünglichkeit geltend machen. – Über T. in der Botanik s. Ast."
Meyers Konversationslexikon
retro|bib - Seite aus Meyers Konversationslexikon: Trieb - Trient
https://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=115869
Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892
15. Band, Seite 835 - 836
... "Trieb, das sinnliche bleibende Begehren, bei welchem der Grund der Dauer in der Beschaffenheit des leiblichen Organismus gelegen ist. Die unaufhörliche Zersetzung und Ausscheidung der kleinsten Bestandteile des Leibes erzeugt ebenso viele unange-nehme Gefühle des Mangels, die als Begehrungsreize wirken und mit dem periodischen Wechsel des organischen Lebens in stets gleicher Weise wiederkehren. Derselbe währt daher so lange, als das letztere selbst währt, und ist darum so unwiderstehlich, weil die Hinwegräumung seiner Ursache außer unsrer Macht liegt. Das Begehren nach Schlaf (Schlafbedürfnis), wenn die Organe erschöpft sind, nach Nahrung (Nahrungstrieb), wenn es an Stoffersatz, nach Bewegung (Bewegungstrieb), wenn es infolge dauernder Bewegungslosigkeit dem Leib an Umsatz fehlt, kehrt trotz der Befriedigung in bestimmter Zeit wieder, weil der Prozeß des physischen Lebens die Reize, welche zu Begehrungen werden, immer von neuem erzeugt. Nichts erfordert zu seiner Besiegung größere Kraft als dasjenige Begehren, welches durch Triebe unterstützt wird, und mancher derselben läßt sich nur durch Zerstörung der Ursachen im Organismus (Fortpflanzungstrieb) oder des letztern selbst (Selbsterhaltungstrieb) unterdrücken. Der T. gibt dem Begehrungsleben eine bestimmte Gestalt, indem alles dasjenige, was durch ihn unterstützt wird, infolge der unaufhörlichen Reize leichter und öfter als andres Begehren zur Befriedigung gelangt und daher von selbst zur Disposition, Neigung, Hang, Sucht und Leidenschaft sich steigert, wenn nicht künstliche Hilfen (praktische Grundsätze, Charakter) den natürlichen des Leibes zum Widerstand entgegengesetzt werden. Gesellt sich zu dem seiner Natur nach blinden (bewußtlosen) T. die gleichfalls bewußtlose Kenntnis der zur Befriedigung desselben tauglichen Mittel, so geht der T. in Instinkt über."
Spektrum der Wissenschaft
https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/triebtheorie/15781
... Joseph Lichtenberg (1989) ... Er unterscheidet insgesamt fünf Motivationssysteme. Jedes dieser Systeme hat den Zweck, ein Grundbedürfnis zu regulieren oder zu befriedigen. Diese fünf Grundbedürfnisse sind: 1) das Bedürfnis nach psychischer Regulation physiologischer Erfordernisse; 2) das Bedürfnis nach Bindung und Kontakt; 3) das Bedürfnis nach Erkundung und Selbstbehauptung; 4) das Bedürfnis, via antagonistischem Verhalten oder Rückzug aversiv zu reagieren; 5) das Bedürfnis nach sinnlicher Freude und Genuß sowie nach sexueller Erregung. Damit ist nach Lichtenberg die klassische duale Triebtheorie eindeutig ad acta gelegt und die Bedeutung der Sexualität drastisch eingeschränkt.